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Divestment als Klimaschutzstrategie

Irland hat als erstes Land ein Divestment für sein staatliches Investitionsprogramm beschlossen und ist damit Teil einer internationalen Bewegung, die sich für die Umstellung von Investments zugunsten emis­sionsarmer Unternehmen einsetzt.

Mit dem Beschluss des Fossil Fuel Divestment Bill
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in zweiter Lesung am 26. Januar 2017 hat das irische Parlament in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Konkret soll der Ireland Strategic Investment Fund (ISIF) angewiesen werden, in Zukunft nur noch nachhaltige Investitionen zu tätigen und seine Beteiligungen an Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Energien zu beenden.
Wenn das Gesetz so in Kraft tritt, wäre Irland das erste Land, das ein Divestment für staatliche Vermögenswerte durchführt.

Divestment aus fossilen Energieunternehmen wird von verschiedenen Klimaschutzinitiativen als wichtige Strategie im Kampf gegen den Klimawandel gesehen. Die Kernidee besteht darin, Unternehmensbeteiligungen in den Branchen Mineralöl, Erdgas und Kohle zu veräußern und das Kapital stattdessen in nachhaltige Geschäftsmodelle zu investieren. Die fehlenden Finanzmittel, so wird erwartet, führen zu einem Rückgang der Exploration und Ausbeutung von Erdölfeldern und Kohlelagerstätten sowie der Verwertung fossiler Brennstoffe  („Keep it in the ground!“). So soll der weltweite Treibhausgasausstoß und die Luftverschmutzung durch Verkehr und Industrie gesenkt werden.

Im Kontext des gerade erst in Kraft getretenen internationalen Klimaschutzabkommens von Paris stellt sich weiterhin die Frage, ob die Abwendung von umweltschädigenden Investments nicht auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Verschiedene Stellen, darunter der Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, haben darauf hingewiesen, dass zur Einhaltung der Klimaziele nur noch ein Bruchteil der verfügbaren fossilen Energieträger verbrannt werden dürfte. Wird diese Vorgabe effektiv durchgesetzt, sind die meisten nachgewiesenen Erdöl- und Kohlereserven unzugänglich und damit wertlos. Da die Bewertung der Energieunternehmen auch auf deren zukünftigen Förderkapazitäten beruht, wäre für einen solche Fall mit einem massiven Wertverlust für Anleger zu rechnen – die sogenannte Kohlenstoffblase wäre geplatzt
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Der Kraft von Divestment ergibt sich unter anderem aus der Vielzahl unterschiedlicher Akteure, die sich aus poli­tischen oder ethischen Gründen an der Bewegung beteiligen können. Dazu zählen neben Privatpersonen auch Universitäten, Religionsgemeinschaften, Kommunen, gemeinnützige Stiftungen, Entwicklungsbanken und Kreditgeber. Beispiele für Divestmentprogramme kommen insbesondere aus Nordamerika, Großbritannien und Australien; in Deutschland haben unter anderem die Städte Münster, Stuttgart und Berlin sowie die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau entsprechende Initiativen angekündigt. In den wenigen Jahren seit dem Beginn der Bewegung stieg die Zahl der Unterstützer auf rund 700 institutionelle Unterstützer und tausende Privatpersonen mit einem gemeinsamen Investitionsvolumen von mehr als 5.000 Milliarden US-Dollar
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Eine Studie der Smith School of Enterprise and Environment an der University of Oxford kommt dennoch zu dem Schluss, dass die Bewegung aufgrund des Umfangs der Marktkapitalisierung fossiler Brennstoffe und der Existenz zahlreicher anderer Investoren voraussichtlich kein für die Energieunternehmen bedrohliches Ausmaß erreichen wird. Die durch Divestment ausgelöste Stigmatisierung könne jedoch langfristig die Unsicherheiten in Bezug auf fossile Geschäftsmodelle, Renditen und die Bewertung der entsprechenden Unternehmen erhöhen. Die schwersten Auswirkungen hätte in einem solchen Szenario die Kohleindustrie zu verkraften [5].

Insofern sind drei Faktoren entscheidend für den weiteren Erfolg der Divestmentbewegung: Deren Fähigkeit weiterhin vermögende Unterstützer zu mobilisieren, die Entwicklung des Energiemarkts (z.B. Energiepreise, Investitionsmöglichkeiten in Erneuerbare Energien) und die Entscheidungen der beteiligten Akteure auf den verschiedenen Politikebenen (z.B. verbindliche Durchsetzung von Klimazielen, institutionelle Investitionen). Der Beschluss des irischen Parlaments wird zunächst eine symbolische Wirkung entfalten. Diese besteht vor allem darin zu zeigen, dass Divestment auf staatlicher Ebene angekommen ist. Auf Basis dieses Etappensieges könnte die Bewegung weiter an Fahrt gewinnen.

Autor:
Dennis Nill
Tel. +49 (0)30 408 18 7017
dennis.nill@ikem.de

Ansprechpartner:
Simon Schäfer-Stradowsky
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