Stellungnahme

„Das verfassungsrechtliche Schuldensystem im Sinne des Klimaschutzes fortentwickeln“

Mit seinem Urteil vom 15. November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt. Durch das Gesetz sollten für die Bewältigung der Corona-Pandemie vorgesehene, jedoch nicht benötigte Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro dem „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) zugeführt werden. Nach dieser Entscheidung ist diese Maßnahme nicht verfassungskonform, da sie mit der sogenannten Schuldenbremse unvereinbar ist. Der neue Verwendungszweck entspricht nicht den Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen.

Hierzu erklärt IKEM-Direktor und Experte für Klima- und Finanzverfassungsrecht, Prof. Dr. Michael Rodi: „Auch wenn die Klimakrise, wie vom Bundesverfassungsgericht an anderer Stelle festgestellt, Freiheitsrechte bedroht, bestätigt das jetzt ergangene Urteil das Fehlen eines Veranlassungszusammenhangs zwischen Notlage und Kreditaufnahme. Der Versuch, Klimaschutz auf diese Weise konform mit der Schuldenbremse zu gestalten, ist erwartbar gescheitert. Das zieht erhebliche negative Konsequenzen für den Klimaschutz und andere wichtige Transformationsprozesse nach sich.“

Angesichts der enormen Herausforderungen und gebotenen Dringlichkeit im Kampf gegen den Klimawandel müssen neue Wege für die Finanzierung gefunden werden. Kurz vor der Entscheidung hat Rodi in einem Fachbeitrag Grundzüge für das Design einer rollierenden intertemporalen Finanzierungsplanung vorgestellt, die neben einer systematischen Investitionsplanung geschaffen werden müsste. Seiner Ansicht nach bestünden neben der Reform der Schuldenbremse mehrere Möglichkeiten einer rechtssicheren und intertemporalen Finanzierung des KTF, etwa im Rahmen einer mehrjährigen Finanzplanung.

In einem Punkt sieht Rodi die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kritisch: „Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts die Möglichkeit einer Korrektur gegeben, um die negativen Konsequenzen für den Staatshaushalt abzufedern. Auch im Falle der hier festgestellten Verfassungswidrigkeit der Kreditaufnahme hätte das Gericht Wege finden müssen, um die drastischen Folgen für Staat und Politik abzufedern. Etwa, indem es dem Gesetzgeber Zeit für Anpassungsmaßnahmen gewährt.“

Der Fachbeitrag von Prof. Dr. Rodi zu einem Instrumentarium der staatlichen Finanzierung der Energietransformation ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Klima und Recht (11/2023) erschienen.

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Prof. Dr. Michael RodiQuelle: IKEM/Jule Halsinger

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