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IKEM-Stellungnahme

Änderung des Raumordnungsgesetzes

Windenergie

Mit der Neufassung des Raumordnungsgesetzes (ROG), will die Bundesregierung die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieprojekte beschleunigen und den Ausbau der Erneuerbaren voranbringen. Obwohl das IKEM diese gesetzgeberische Intention begrüßt, sind die geplanten Änderungen teilweise kritisch zu hinterfragen: Sie bergen das Risiko von Rechtsunsicherheiten in der praktischen Anwendung, wodurch es bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren zu neuen Verzögerungen kommen kann. 

Im Dezember 2022 brachte die Bundesregierung einen ersten Gesetzesentwurf zur Novellierung des Raumordnungsgesetzes (Bt-Drs.: 20/4823) auf den Weg, der zuletzt am 30.01.2023 mit einer vom Kabinett beschlossenen Formulierungshilfe modifiziert wurde. Ziel der Novelle ist die Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land und auf See durch Vereinfachungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die bessere Verbindung der Raumordnungs- und Bauleitplanverfahren.   

Neuregelung des Raumordnungsverfahrens 

Eine der weitreichendsten Änderungen ist die Neufassung des § 15 ROG. Die Norm wird dahingehend umbenannt, dass nunmehr statt eines Raumordnungsverfahrens eine Raumverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Im Rahmen dieser soll angesichts der vorgeschalteten Ebene nur noch eine “überschlägige Prüfung von Umweltbelangen” durchgeführt werden. Aus diesem Gesetzeswortlaut geht jedoch nicht hervor, inwieweit diese Prüfung von der bisherigen Prüftiefe abweichen soll, um tatsächlich eine Beschleunigung herbeizuführen. Die Gesetzesbegründung verweist insofern lediglich auf die Kriterien der Anlage 3 des UVPG, allerdings ohne hierzu weitere Rahmenbedingungen zu schaffen. Dem verfolgten Zweck der Beschleunigung und Vereinfachung wird zumindest in der Weise Rechnung getragen, dass Fristenregelungen aufgenommen worden sind, wonach die Raumverträglichkeitsprüfung nach sechs Monaten abgeschlossen sein muss und Verzögerungen bei der Prüfung durch die Raumordnungsbehörde nicht zulasten des Vorhabenträgers gehen. 

Einführung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung 

Die Streichung der Eignungsgebiete in § 7 Abs. 3 S. 3 ROG zugunsten von sog. Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung eröffnet ebenfalls Fragen. In diesen Gebieten ist die Ausschlusswirkung einer Nutzung im Planungsraum an einer Stelle nur noch möglich, wenn ihr im Gegenzug in Vorranggebieten “substanziell Raum zur Verfügung gestellt” wird. Dies gilt jedoch nicht für Windenergiegebiete. Gemäß § 27 Abs. 4 ROG gilt für diese der Vorrang der §§ 245e, 249 BauGB. Damit soll die Ausweisung von Windenergieflächen im Zusammenhang mit der Festlegung gesetzlicher Flächenziele und Flächenbeitragswerte im WindBG auf eine Positivplanung umgestellt werden. Mit dieser Beschränkung löst der Gesetzgeber die bisherigen Probleme der Planung von Windenergieanlagen in Eignungsgebieten mit Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB auf. Eine zulässige Ausschlusswirkung war hiernach nur gegeben, wenn ein “gesamträumliches Planungskonzept” vorlag. Dieses Merkmal wurde durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mehrfach konkretisiert, konnte allerdings aufgrund der komplexen Kriterien keine Abhilfe für die damit einhergehende Rechtsunsicherheit schaffen. § 249 Abs. 1 BauGB regelt daher, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB auf Windenergiegebiete keine Anwendung mehr findet. Deswegen besteht durch die Umstellung der Planung unter Berücksichtigung des WindBG keine Notwendigkeit mehr für ein gesamträumliches Planungskonzept bei der Ausweisung von Windenergiegebieten.

Die gesetzgeberische Absicht, bereits auf Planungsebene Regelungen zu treffen, deren Wirkung sich im Genehmigungsverfahren rechtssicher entfalten können, ist begrüßenswert. Zu kritisieren ist jedoch der pauschale Verweis in die Vorschriften des Baugesetzbuches angesichts der mangelnden Eins-zu-Eins-Übertragbarkeit der in Bezug genommenen Regelungen auf die Regionalplanung. Hierbei könnte erneut Unsicherheit in der Anwendung der Vorschriften auftauchen, die die Verfahren eher verzögern als beschleunigen. Positiv zu bewerten ist, dass die geplante Verzahnung von Raumordnung und Bauleitplanung gefördert wird. Allerdings ist die aus der Rechtsprechung übernommene Formulierung der “substanziellen Raumverschaffung” kritikwürdig, da hierfür keine präzise Definition existiert und so mit etwaigen Rechtsunsicherheiten in der Praxis zu rechnen ist. 

Entfallen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Windenergieflächenbedarfsgesetz 

Im Zusammenhang mit den Änderungen zum Raumordnungsgesetz wurde § 6 WindBG neu gefasst. Die Änderung des § 6 WindBG war zunächst aufgrund der mangelnden Kompatibilität der Regelung mit dem bisherigen Entwurf der EU-Richtlinie RED III (COM (2021) 557 final) zurecht scharfer Kritik ausgesetzt. Grund hierfür war, dass der Entwurf vorsieht, dass die in Rede stehenden Go-to-Areas Gebiete sind, deren mangelnde ökologische Schutzwürdigkeit bereits feststeht. Diese Feststellung wird anhand einer Prüfung der Umweltverträglichkeit und des Artenschutzes bereits auf Ebene der Flächenausweisung vorgenommen. Dies sah der deutsche Gesetzgeber bisher in seinem Entwurf so nicht vor und schloss die Umweltverträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung gemäß § 44 BNatSchG im Genehmigungsverfahren aus. Begrüßenswert ist daher, dass in der am 30.01.2023 beschlossenen Formulierungshilfe des Bundeskabinetts durch Anfügung des Satz 2 in § 6 Abs. 1 WindBG nunmehr bei der Ausweisung eines Windenergiegebietes eine Umweltprüfung gemäß § 8 ROG oder § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt werden soll.   

Fazit 

Die gesetzlichen Änderungen mögen zwar eine Verzahnung von Raumordnungs- und Bauleitplanung fördern und eine nachhaltige Raumentwicklung verfolgen, allerdings ist die Umsetzbarkeit aufgrund der Komplexität der einzelnen Planungsebenen und die Erwartbarkeit von Problemen in der rechtssicheren Anwendung ein maßgeblicher Faktor für die Gefährdung des Gesetzeszweckes der Vereinfachung und Beschleunigung beim Ausbau Erneuerbarer Energien.  

Kontakt

Judith Schäfer-GendrischQuelle: IKEM/Jule Halsinger

IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.