Kurzstudie

Klimaschutz-Sofortprogramm: Neun Vorschläge zur Beschleunigung des EE-Ausbaus

In einer Kurzstudie hat das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) Vorschläge zur Förderung des Windkraftausbaus an Land und des Ausbaus von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV-FFA) gemacht. Sie sollen bestehende Defizite bei der Zielfestlegung, der Flächenausweisung und dem Genehmigungsverfahren beheben.

Um den Anteil erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2030 auf 80 Prozent erhöhen ist ein zügiger Ausbau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) dringend notwendig. Doch in Deutschland kommt der Ausbau seit Jahren kaum voran. Die Ursachen dafür sind vielfältig, es fehlt vor allem an verbindlichen Ausbauzielen und praxistauglichen Vorgaben für die Flächenplanung.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, hat deshalb im Januar ein Klimaschutz-Sofortprogramm angekündigt, das auch Maßnahmen für den beschleunigten Ausbau von Windenergieanlagen an Land vorsieht. Genauere Details sind noch nicht bekannt. Aus diesem Grund hat das IKEM die bestehende Debatte zu dem Thema aufgegriffen und auf dieser Basis Reformvorschläge entwickelt. Die Ergebnisse wurden in der Kurzstudie zusammengeführt.

„Deutschland kann nur klimaneutral werden, wenn wir unser gesamtes Energiesystem auf Erneuerbare umstellen und die Erzeugungskapazitäten massiv steigern. Deshalb brauchen wir endlich verbindliche Ausbauziele, einheitliche Genehmigungsverfahren für EE-Anlagen und eine leistungsbezogene Festlegung der Ausbauziele für die Länder. Damit verzahnen wir die Ziele des Bundes mit den Umsetzungsvorgaben der Länder“, so IKEM-Geschäftsführer Dr. Simon Schäfer-Stradowsky. „Nur so kann der schnelle EE-Ausbau im Föderalismus funktionieren.“

„Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende. Unsere Vorschläge nehmen daher nicht nur die Optimierung von Flächenausweisung und Genehmigungsprozessen in den Blick. Wir müssen in gleichem Maße die Bürgerbeteiligung vor Ort stärken. Nur so kann die Energiewende gelingen“, ergänzt Judith Schäfer, Mitautorin der Studie und Leiterin des Fachbereich Energierecht am IKEM.

Die gesamte Kurzstudie können Sie hier herunterladen.

 

Die IKEM-Vorschläge im Überblick

  1. Stromleistungsbezogene Festlegung von Ausbauzielen durch den Bundesgesetzgeber
    Die Festlegung von verbindlichen Ausbauzielen sollte durch den Bundesgesetzgeber vorgenommen werden, anstatt durch die Länder. Außerdem sollte diese Festlegung nicht flächenbezogen, sondern stromleistungsbezogen erfolgen, damit Planungsakteure flexibel auf geographische Gegebenheiten reagieren können.
  2. Einbeziehung der Photovoltaik in die Festlegung von Ausbauzielen
    Die stromleistungsbezogene Festlegung eröffnet die Möglichkeit, PV-FFA als zweite zentrale Säule der Energiewende im Stromsektor neben WEA in die Ausbauziele mit einzubeziehen.
  3. Zusammenführung von Erzeugungs- und Netzplanung
    Diese Erzeugungsplanung in Form der stromleistungsbezogenen Zielfestlegung sollte in einem gemeinsamen Energieentwicklungsplan mit der Netzplanung zusammengeführt werden, denn bisher verlaufen sie asymmetrisch. Dies gefährdet die Versorgungssicherheit und wird dem Zusammenhang von Netzplanung und Erzeugungsstruktur nicht gerecht.
  4. Abschaffung der Planvorbehaltsregelung in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB
    Als zentrales Hemmnis für den Ausbau von Windenergie sollte die Planvorbehaltsregelung in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB abgeschafft werden. Durch die Tabuzonen-Rechtsprechung angereichert schafft sie momentan ein komplexes, für Planungsakteure oftmals kaum durchschaubares, Voraussetzungskorsett, das den Ausbau der Windenergie behindert.
  5. Einführung eines neuen § 35 Abs. 3 Nr. 9 BauGB
    Als Ersatz für § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sollte eine neue Regelung in § 35 Abs. 3 Nr. 9 BauGB-neu den Anlagezubau bei Erreichung der stromleistungsbezogenen Ausbauziele grundsätzlich beschränken. Das würde Planungsbehörden entlasten, zugleich verbleibt den Kommunen die Möglichkeit, ambitioniertere Ausbauziele zu verwirklichen.
  6. Aufnahme von Photovoltaik-Freiflächenanlagen in die Außenbereichsprivilegierung des § 35 Abs. 1 BauGB
    PV-FFA sollten in die Privilegierung des § 35 Abs. 1 BauGB aufgenommen werden mit der Folge, dass PV-FFA im Außenbereich grundsätzlich zulässig sein würden. Damit entfiele die Notwendigkeit einer Ausweisung von Flächeneinheiten für PV-FFA durch einen Bebauungsplan im Außenbereich, was die Anlagengenehmigung erleichtern würde.
  7. Abschaffung der Länderöffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB
    Die zu 1000m-Abstandsregelungen der Länder ermächtigende Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB sollte abgeschafft werden. Sie verfolgt keinen legitimen Zweck und behindert in der jetzigen Form lediglich den Ausbau der Windenergie.
  8. Straffung des Genehmigungsverfahrens durch Einführung einer Fiktionsregelung 
    Um langwierigen Genehmigungsverfahren entgegenzuwirken, sollte eine Fiktionsregelung eingeführt werden. Diese würde bei Ausbleiben einer behördlichen Entscheidung nach Ablauf einer bestimmten zeitlichen Frist die Genehmigung fingieren.
  9. Stärkung der Bürgerbeteiligung auf Planungsebene
    Eine solche Fiktionsregelung führt regelmäßig zu Prüfungs- und Beteiligungsdefiziten. Um diese auszugleichen, sollte die Bürgerbeteiligung bereits frühzeitigt, also im Planungsstadium, gestärkt werden. Dies kann insbesondere durch eine verständlichere Darstellung von Informationen und die bessere Bereitstellung von Beteiligungsforen gelingen.

Kontakt

IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.