Interview

„Wir brauchen mehr öffentlichen Druck auf die internationale Klimadiplomatie“

Jahrestagung "Road to COP27"

Am 11. Oktober fand die Jahrestagung des IKEM statt. Unter dem Motto “Road to COP27: Klimaschutz global verwirklichen“ befasste sich die Veranstaltung mit den globalen Dimensionen von Klimaschutzrecht und -politik. Unsere Kolleg:innen Dr. Kathleen Pauleweit, LL.M. und Dr. Michael Kalis waren Referent:innen bei der Jahrestagung. Wir werfen gemeinsam einen Blick auf ihre Forschung und sprechen über ihre Erwartungen an die COP27.

Um was ging es in euren Vorträgen?

Dr. Michael Kalis: In meinem Vortrag ging es um Klimaklagen, insbesondere die so genannte systemic climate change litigation. Ich habe dabei auf die herausragende Bedeutung der Gerichte hingewiesen. Sie sind unerlässlich, um die im Pariser Abkommen vereinbarte Pflicht zum Klimaschutz auf nationaler Ebene zu verankern. Außerdem prüfen Sie den Reduktionspfad der Staaten auf Plausibilität und prüfen die Einhaltung der Abwägungsregeln.

Dr. Kathleen Pauleweit: Mein Vortrag beschäftigte sich mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der COP27. Dazu zähle ich Klima- und Umweltschützer:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und unabhängige Forschungseinrichtungen wie das IKEM. Ich habe dabei unter anderem die Befürchtung geäußert, dass zivilgesellschaftliche Akteure bei der COP in Ägypten in ihrem Engagement für mehr Klimaschutz und -gerechtigkeit behindert werden könnten.

Warum sind diese Themen so wichtig für den Klimaschutz?

Dr. Michael Kalis: Klimaklagen sind Ausdruck des Scheiterns staatlicher Klimaschutzmaßnahmen und deshalb wichtige rechtliche Instrumente für den globalen Klimaschutz. Der Handlungsdruck nimmt, ebenso wie die Menge an Gesetzen mit Klimabezug, immer weiter zu. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer mehr Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich sehen werden.

Dr. Kathleen Pauleweit: Nicht erst seit der Coronapandemie verengt sich der zivilgesellschaftliche Raum in der Welt. Repressive und autoritäre Staaten, die zum Teil durch den Verkauf von Öl, Gas und Kohle Milliardengewinne erzielen, versuchen den Klimaschutz auszubremsen. Wir brauchen mehr und nicht weniger zivilgesellschaftliches Engagement und ausreichend öffentlichen Druck auf die internationale Klimadiplomatie, sonst wird die Klimakatastrophe nicht zu verhindern sein.

Was sind eure Erwartungen an die Klimaverhandlungen in Ägypten?

Dr. Michael Kalis: Die kommende COP27 zielt explizit auf die Umsetzung des Pariser Abkommen ab. Ich erwarte deshalb unter anderem Entscheidungen zur globalen Finanzierung des Klimaschutzes. Außerdem muss sich die Weltgemeinschaft entscheiden, wie sie angesichts des Krieges in der Ukraine mit dem Thema Energiesicherheit in Zeiten der Energiewende umgehen will.

Dr. Kathleen Pauleweit: Neben der Fertigstellung des Paris Rulebooks erwarte ich deutlich mehr Anstrengungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels – vor allem von den G20-Staaten und insbesondere beim Thema Verluste und Schäden. Von der ägyptischen Präsidentschaft erhoffe ich mir eine inklusive, partizipative und transparente Verhandlungsführung. Und ich wünsche mir, dass der COP-Vorsitz das Land anspornt, endlich mehr für den Klimaschutz zu unternehmen.

 

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Dennis Nill

Dennis Nill

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IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.